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Berichte über Umfragen beeinflussen Wähler

Deutscher Wahlkampf im Spiegel der Medien 11/2012 bis 09/2013

Rapperswil, 23. September 2013: Die Medienanalyse des Wahlkampfs 2013 hat ihr Déjà-vu. Auch 1994 stand vor der Wahl fest: Ohne die Medien zu überzeugen, gelingt es keinem Kandidaten, den Amtsinhaber vom Thron zu stoßen. Scharping entfachte keinen Medienschwung. 19 Jahre später schärfte der SPIEGEL Titel „Er kann es“ bei Konkurrenz-Medien eher die Widerspruchssinne und führte zu einem Anti-Medien-Klima ohne Chance für Steinbrück. Der SPIEGEL titelte daraufhin vor der Wahl: „Ansichten eines Clowns“.

Diese Unsicherheit im Urteil über Kandidaten setzt sich in der Darstellung der Themen fort, die bei Wahlen zur Entscheidung stehen: Wo Medien Probleme wie die marode Infrastruktur oder jährlich 50.000 Tote in deutschen Krankenhäusern wegen mangelnder Hygiene kaum ansprechen und statt dessen viel über Halsketten und Stinkefinger berichten, entpolitisieren sie die Politik. „Wer Politik in der Sache ständig als so irrelevant vermittelt, daß er ihnen noch nicht einmal jeden zweiten Beitrag der Politik-Berichterstattung widmet, nimmt das Urteil des Souveräns vorweg“ sagt Roland Schatz, Gründer und CEO von Media Tenor International.

Den klaren Ausschluß der Option Rot-Rot-Grün durch die Entscheider bei SPD und Grünen ignorierten die Medien ebenso wie die nichtexistente inhaltliche Übereinstimmung. Stattdessen präsentierten sie Politik als Sport-Wettkampf und gaukelten dem Souverän ein Kopf-an-Kopf Rennen mit Schwarz-Gelb vor. Spätestens am Wahlabend sahen sich die 72%, die im Vertrauen auf die Informationen der Medien zur Wahl gegangen waren, erneut getäuscht.

Neben der „Partei der Nicht-Wähler“ (auch das ist eine Wahl) entstand nun aus der Mitte der Gesellschaft mit der AfD (4.8% innert 6 Monaten) eine Option, die bei der nächsten Europa-Wahl mit zweistelligen Zustimmungsraten rechnet. Und das, obwohl deutsche Meinungsführer-Medien sie während des Wahlkampfs unter der Wahrnehmungsschwelle hielten. Nun müssen sich neben Umfrage-Instituten auch Medien die Frage gefallen lassen, welche Rolle sie einnehmen?

Media Tenor hat für diese Studie alle 2.365 Berichte über deutsche Parteien im September 2013 in 23 deutschen Meinungsführer-Medien sowie alle 7.765 TV-Berichte über Union und SPD zwischen dem 12.11.2012 und dem 22.9.2013 ausgewertet. Die durchschnittliche Inter-Codierer-Reliabilität betrug im 3. Quartal 2013 89,04%.

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